Im frühen 20. Jahrhundert beschrieb der deutsche Wissenschaftler Paul Ehrlich das ideale Medikament als eine „Wunderwaffe“. Ein solches Medikament würde gezielt gegen die erkrankte(n) Stelle(n) gerichtet sein und kein gesundes Gewebe schädigen. Obwohl viele neue Medikamente auf gezieltere Wirkung ausgerichtet sind als ihre Vorgänger, hat bis jetzt noch keines von ihnen ausschließlich den gewünschten Wirkungsort getroffen.
Die meisten Medikamente produzieren mehrere Wirkungen, aber in der Regel ist nur eine Wirkung – die therapeutische Wirkung – für die Behandlung einer Erkrankung erwünscht. Die übrigen Wirkungen können als unerwünscht angesehen werden, ob sie nun intrinsisch schädlich sind oder nicht. So verursachen bestimmte Antihistaminika Schläfrigkeit und kontrollieren auch die Symptome von Allergien. Wenn ein rezeptfreies Antihistaminika enthaltendes Schlafmittel eingenommen wird, wird die Schläfrigkeit als gewünschte therapeutische Wirkung betrachtet. Soll das Mittel jedoch tagsüber allergische Symptome unterdrücken, gilt die Müdigkeit als eine unerwünschte und störende Wirkung.
Die meisten Menschen einschließlich medizinischer Fachkräfte bezeichnen ungewollte Wirkungen als auch Nebenwirkungen. Ein weiterer Begriff in diesem Zusammenhang ist jener der unerwünschten Wirkungen. Sinnvoller erscheint jedoch der Begriff Nebenwirkung, denn er bezieht sich am ehesten auf Wirkungen, die unerwünscht, unangenehm, noxiousoder potenziell schädlich sein können.
Verbreitung von Nebenwirkungen
Nebenwirkungen treten häufig auf. Die meisten von ihnen sind relativ leicht; viele klingen ab, wenn das Medikament abgesetzt oder die Dosis angepasst wird. Manche lassen auch allmählich nach, sobald sich der Körper auf das Medikament eingestellt hat. Andere Nebenwirkungen sind schwerwiegender und dauern länger an. Laut dem National Electronic Injury Surveillance-Cooperative Adverse Drug Event Surveillance Project (NEISS-CADES) gab es im Zeitraum von 2017 bis 2019 schätzungsweise 6 Besuche in der Notaufnahme wegen arzneimittelbedingter Schäden pro 1.000 Personen im Jahr. Etwa 39 % dieser Besuche führten zu einer Krankenhauseinweisung. Früheren Schätzungen für die USA zufolge erfolgten 3 bis 7 Prozent aller Krankenhauseinweisungen für eine Behandlung wegen Nebenwirkungen. Nebenwirkungen treten bei 10 bis 20 Prozent der Krankenhauseinweisungen auf, hiervon wiederum sind 10 bis 20 Prozent dieser Reaktionen schwerwiegender Natur. Diese Statistiken umfassen nicht die Anzahl Nebenwirkungen, die bei Menschen auftreten, die in Pflegeheimen und anderen Pflegeeinrichtungen leben.
Obwohl die genaue Anzahl von Nebenwirkungen nicht mit Sicherheit bestimmt werden kann, stellen sie eindeutig ein erhebliches Problem für die öffentliche Gesundheit dar, welches oft vermeidbar ist.
Laut der Weltgesundheitsorganisation treten Nebenwirkungen (NW) mit tödlichem Ausgang hauptsächlich bei Menschen über 75 Jahren auf. Verschreibungsfehler und die Unfähigkeit oder das Versäumnis, korrekt verschriebene Medikamente wie angezeigt einzunehmen, tragen beide zur Häufigkeit von Nebenwirkungen bei.
Häufige Nebenwirkungen
Verdauungsstörungen (Appetitverlust, Übelkeit, Völlegefühl, Verstopfung und Durchfall) treten besonders häufig auf, da die meisten Medikamente geschluckt werden und daher den Verdauungstrakt passieren. Allerdings kann nahezu jedes Organsystem betroffen sein. Bei älteren Menschen (siehe Arzneimittel im Alter Arzneimittel im Alter Medikamente sind die häufigste medizinische Intervention und sind daher ein wichtiger Teil der medizinischen Versorgung älterer Menschen. Ohne Medikamente wären viele ältere Menschen weniger... Erfahren Sie mehr ) ist meist das Gehirn beteiligt, was oft zu Benommenheit und Verwirrtheit führt.
Erkennung und Meldung von Nebenwirkungen
Viele Nebenwirkungen werden festgestellt, wenn ein Medikament im Rahmen klinischer Studien vor der Einreichung zur Zulassung durch die US-amerikanische Lebens- und Arzneimittelbehörde (FDA) getestet wird. Andere Nebenwirkungen, insbesondere selten auftretende Wirkungen, werden erst entdeckt, wenn das Medikament lange genug auf dem Markt war und von vielen Patienten verwendet wurde. Daher müssen Gesundheitsdienstleister Hinweise auf Nebenwirkungen an die FDA melden.
Weitere Informationen
Die folgenden Quellen in englischer Sprache können nützlich sein. Bitte beachten Sie, dass das MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quellen verantwortlich ist.
American Association of Poison Control Centers: Zugang zu Informationen über eine Vielzahl von Giftstoffen, eine Notfallhotline (1-800-222-1222) und Tipps zur Vorbeugung.
FDA Adverse Event Reporting System (FAERS): Zugang zu Fragen und Antworten zum Meldesystem für unerwünschte Ereignisse der FDA (FAERS).