Sie wird durch Mutationen des Januskinase-2- (JAK2-)Gens verursacht, wodurch ein Protein (Enzym) gebildet wird, das die Überproduktion von Blutkörperchen anregt.
Patienten können sich müde und schwach, benommen oder kurzatmig fühlen oder durch Blutgerinnsel verursachte Symptome entwickeln.
Für die Diagnose werden Blutuntersuchungen vorgenommen.
Eine Phlebotomie wird durchgeführt, um überschüssige rote Blutkörperchen zu entfernen. Einige Patienten nehmen auch Aspirin und manchmal andere Medikamente ein.
Bei einer myeloproliferativen Neoplasie Überblick über myeloproliferative Neoplasien Bei myeloproliferativen Neoplasien (myelo = Knochenmark, proliferativ = wuchernd, Neoplasie = krankhafte Gewebeneubildung wie Krebsvorstufen oder Krebs) wachsen und vermehren sich die blutbildenden... Erfahren Sie mehr wachsen und vermehren sich die Vorläufer der blutbildenden Zellen Die Bildung von Blutkörperchen Die roten Blutkörperchen, die meisten weißen Blutkörperchen und die Blutplättchen werden im Knochenmark, einem weichen Fettgewebe in den Knochenhöhlen, gebildet. Zwei Arten weißer Blutkörperchen... Erfahren Sie mehr im Knochenmark (Vorläuferzellen, auch Stammzellen genannt) krankhaft.
Bei einer Polycythaemia vera ist die Bildung aller Arten von Blutkörperchen Bestandteile des Blutes Die Hauptbestandteile des Blutes sind: Plasma Rote Blutkörperchen Weiße Blutkörperchen Blutplättchen Erfahren Sie mehr erhöht: rote Blutkörperchen, weiße Blutkörperchen und Blutplättchen. Die erhöhte Bildung von roten Blutkörperchen wird als Erythrozytose Erythrozytose Erythrozytose ist die erhöhte Bildung roter Blutkörperchen (Erythrozyten). (Siehe auch Überblick über myeloproliferative Neoplasien.) Eine Erythrozytose kann in folgenden Formen auftreten: Primär... Erfahren Sie mehr bezeichnet. Manchmal leiden Patienten mit einer Polycythaemia vera nur an einer erhöhten Bildung der roten Blutkörperchen. In der Regel hat eine erhöhte Bildung allein der roten Blutkörperchen jedoch eine andere Ursache.
Bei der Polycythaemia vera erhöht der Überschuss an roten Blutkörperchen das Blutvolumen und verdickt gleichzeitig das Blut, sodass es nicht mehr so leicht durch die kleinen Blutgefäße fließen kann.
Die Polycythaemia vera tritt bei etwa 2 von 100.000 Personen auf. Das Durchschnittsalter, in dem die Krankheit diagnostiziert wird, liegt bei 60 Jahren. Sie tritt jedoch auch bei Leuten auf, die jünger als 40 sind. Im Alter von über 60 Jahren kommt es bei mehr Männern als Frauen zu einer Polycythaemia vera. Es leiden jedoch mehr Frauen im Alter von unter 40 Jahren an der Erkrankung als Männer.
Ursachen der Polycythaemia vera
Bei mehr als 95 Prozent der Patienten mit Polycythaemia vera liegt eine Mutation im JAK2-Gen vor. Diese Mutation führt zu einer übermäßigen Bildung der Blutkörperchen.
Außerdem stellte man bei manchen Patienten mit Polycythaemia vera zusätzliche Mutationen im Calreticulin-(CALR-)Gen und in anderen Genen fest. Diese Mutationen führen zu einer anhaltenden Aktivierung der JAK2-Kinase, des Enzyms, das eine übermäßige Bildung der roten Blutkörperchen verursacht.
Blutkörperchen werden normalerweise im Knochenmark gebildet. Manchmal beginnen auch Milz und Leber, Blutkörperchen zu bilden. Letztendlich kommt es bei einem kleinen Anteil der Patienten im Knochenmark zu einer Myelofibrose Myelofibrose Bei der Myelofibrose werden blutbildende Zellen von Bindegewebe im Knochenmark überwuchert, sodass sie anormal geformte rote Blutkörperchen, Anämie und eine vergrößerte Milz verursachen. Myelofibrose... Erfahren Sie mehr mit Vernarbung. Zudem nimmt die Fähigkeit des Knochenmarks, Blutkörperchen zu bilden, ab.
Symptome der Polycythaemia vera
Oft haben die Patienten jahrelang keine Symptome. Die ersten Symptome sind meist:
Schwäche
Müdigkeit
Kopfschmerzen
Benommenheit
Kurzatmigkeit
Nachtschweiß
Juckreiz nach dem Duschen oder Baden
Die Patienten sehen vielleicht verschwommen oder sie nehmen blinde Flecken oder Lichtblitze wahr (Augenmigräne).
Die Patienten leiden vielleicht an Blutungen aus dem Verdauungstrakt oder an Zahnfleischbluten und bluten übermäßig stark infolge kleiner Wunden.
Die Haut, vor allem im Gesicht, ist eventuell gerötet. Am ganzen Körper kann Juckreiz auftreten, besonders nach dem Baden oder Duschen. Es kann zu Rötungen und einem Brennen in den Händen und Füßen (Erythromelalgie Erythromelalgie Die Erythromelalgie ist ein seltenes Syndrom, bei dem sich die kleinen Arterien (Arteriolen) der Haut in regelmäßigen Abständen ausdehnen, was zu brennenden Schmerzen, zu erhitzter Haut und... Erfahren Sie mehr ) kommen. In selteneren Fällen treten Knochenschmerzen auf.
Manchmal verursacht ein Blutgerinnsel die ersten Symptome. Die Zunahme von roten Blutkörperchen bei einer Polycythaemia vera führt dazu, dass das Blut dicker wird und dass es eher zu Gerinnseln kommt als normal. Ein Gerinnsel kann sich in fast jedem Blutgefäß bilden, einschließlich denjenigen der Arme und Beine (was zu einer tiefen Venenthrombose Tiefe Venenthrombose (TVT) Bei einer tiefen Venenthrombose haben sich in den tiefen Venen, in der Regel in den Beinen, Blutgerinnsel (Thromben) gebildet. Blutgerinnsel können in einer Vene entstehen, wenn diese verletzt... Erfahren Sie mehr führt), des Herzens (was zu einem Herzinfarkt Akute Koronarsyndrome (Herzinfarkt, Myokardinfarkt, instabile Angina pectoris) Akute Koronarsyndrome sind die Konsequenz aus einem plötzlichen Verschluss in einer Koronararterie. Dieser Verschluss führt je nach Lage und Größe zu einer instabilen Angina pectoris oder einem... Erfahren Sie mehr führt), des Gehirns (was zu einem Schlaganfall Überblick über den Schlaganfall Bei einem Schlaganfall verstopfen oder reißen die Arterien, die das Gehirn versorgen. Dadurch stirbt das Hirngewebe in einem Teil des Gehirns ab (Hirninfarkt) und es kommt sehr plötzlich zu... Erfahren Sie mehr führt) oder der Lunge (was zu einer Lungenembolie Lungenembolie (LE) Bei einer Lungenembolie wird eine Lungenarterie (Pulmonalarterie) durch eine mit dem Blutfluss eingeschwemmte Ansammlung von Feststoffen (Embolus) verschlossen – in der Regel handelt es sich... Erfahren Sie mehr führt). Blutgerinnsel können auch die Blutgefäße blockieren, die das Blut von der Leber abführen (Budd-Chiari-Syndrom Budd-Chiari-Syndrom Das Budd-Chiari-Syndrom wird durch Blutgerinnsel ausgelöst, die den Blutfluss von der Leber weg vollständig oder teilweise blockieren. Diese Blockade kann überall in den kleinen und großen Lebervenen... Erfahren Sie mehr ), insbesondere bei jungen Frauen.
Bei manchen Patienten erhöht sich die Anzahl der Blutplättchen (zellartiger Partikel im Blut, die bei der Gerinnung von Blut helfen) (Thrombozythämie Essenzielle Thrombozythämie Bei der essenziellen Thrombozythämie handelt es sich um eine myeloproliferative Neoplasie, bei der ein Überschuss an Blutplättchen gebildet wird, der zu einer ungewöhnlichen Blutgerinnung oder... Erfahren Sie mehr ). Obwohl man vielleicht denkt, dass eine erhöhte Anzahl der Blutplättchen immer eine übermäßige Blutgerinnung verursacht, kann eine sehr hohe Anzahl an Blutplättchen bei Patienten mit Polycythaemia vera zu Blutungen führen, indem sie sich auf andere Teile des Blutgerinnungssystems auswirken.
Bei manchen Menschen kann es zu einem Eisenmangel Eisenmangel Ein Eisenmangel ist eine häufige Ursache von Anämie, eine Erkrankung, bei der die Zahl der roten Blutkörperchen niedrig ist. Ein Eisenmangel entsteht bei Erwachsenen meist durch Blutverlust... Erfahren Sie mehr kommen.
Leber und Milz können sich vergrößern, da beide Organe mit der Bildung von Blutkörperchen beginnen (siehe auch „ Vergrößerte Milz Vergrößerte Milz Eine vergrößerte Milz ist selbst keine Erkrankung, sondern immer die Folge einer anderen Grunderkrankung. Viele Krankheiten verursachen eine vergrößerte Milz. Viele Erkrankungen, einschließlich... Erfahren Sie mehr “). Wenn Leber und Milz sich vergrößern, kann im Bauch ein Völlegefühl entstehen. Der Schmerz kann plötzlich zunehmen, wenn sich in den Blutgefäßen der Leber oder der Milz ein Blutgerinnsel bildet, was dazu führt, dass ein Teil dieses Organs abstirbt.
Der Überschuss an roten Blutkörperchen kann mit Magengeschwüren Peptisches Geschwür Ein peptisches Geschwür ist eine runde oder ovale Wunde, an der die Wand des Magens oder des Zwölffingerdarms durch Magensäure und Verdauungssäfte angegriffen ist. Peptische Geschwüre können... Erfahren Sie mehr , Gicht Gicht Gicht ist eine Erkrankung, bei der sich Ablagerungen von Harnsäurekristallen aufgrund eines hohen Harnsäurespiegels im Blut (Hyperurikämie) in den Gelenken ansammeln. Diese Kristallablagerungen... Erfahren Sie mehr und Nierensteinen Steine im Harnweg In den Harnwegen können sich harte, steinähnliche Massen bilden (Calculi), die Schmerzen, Blutungen sowie eine Infektion auslösen und den Harnabfluss behindern können. Kleine Steine verursachen... Erfahren Sie mehr einhergehen. In seltenen Fällen schreitet die Polycythaemia vera zu einer Leukämie Überblick über Leukämien Leukämien sind Krebserkrankungen der weißen Blutkörperchen oder der Zellen, die sich zu weißen Blutkörperchen entwickeln. Weiße Blutkörperchen entwickeln sich aus den sogenannten Stammzellen... Erfahren Sie mehr fort.
Diagnose der Polycythaemia vera
Bluttests
Genetische Untersuchungen und andere Tests
Bei einem Blutbild, das aus anderem Grund erstellt wird, kann die Polycythaemia vera entdeckt werden, noch ehe sich irgendein Symptom zeigt. Die Anzahl der roten Blutkörperchen, der Hämoglobinspiegel (Hämoglobin ist das Protein, das den Sauerstoff in den roten Blutkörperchen transportiert) und der Hämatokritwert (der prozentuale Anteil an roten Blutkörperchen im Blut) sind ungewöhnlich hoch. Die Zahl der Blutplättchen und der weißen Blutkörperchen kann ebenfalls erhöht sein.
Wenn der Hämatokritwert sehr hoch ist, ziehen Ärzte die Möglichkeit einer Polycythaemia vera in Betracht. Jedoch kann die Diagnose nicht allein auf der Basis des Hämatokritwerts gestellt werden. Sobald die erhöhte Anzahl der roten Blutkörperchen (Polyzythämie) entdeckt wird, muss der Arzt bestimmen, ob der Patient an einer Polycythaemia vera oder einer Polyzythämie anderer Ursache (sekundären Erythrozytose Erythrozytose Erythrozytose ist die erhöhte Bildung roter Blutkörperchen (Erythrozyten). (Siehe auch Überblick über myeloproliferative Neoplasien.) Eine Erythrozytose kann in folgenden Formen auftreten: Primär... Erfahren Sie mehr ) leidet. Die Krankengeschichte (Anamnese) und eine Untersuchung können bei der Unterscheidung zwischen Polycythaemia vera und sekundärer Erythrozytose helfen, zuweilen müssen jedoch weitere Untersuchungen durchgeführt werden.
Auch kann der Gehalt an Erythropoietin im Blut gemessen werden, einem Hormon, das das Knochenmark zur Bildung roter Blutkörperchen anregt. Der Erythropoetinspiegel ist bei der Polycythaemia vera in der Regel sehr niedrig, während er bei der sekundären Erythrozytose häufig, aber nicht immer, normal oder erhöht ist.
Für die Bestätigung der Diagnose einer Polycythaemia vera werden Patienten auf JAK2-Genmutationen hin untersucht. Werden diese Mutationen nicht festgestellt, suchen die Ärzte nach CALR-Mutationen und manchmal auch nach anderen Mutationen, die ebenfalls bei der Bestätigung der Diagnose helfen können.
Behandlung der Polycythaemia vera
Entfernung von Blut (Phlebotomie) zur Verringerung der Anzahl der roten Blutkörperchen
Medikamente bei Bedarf zur Senkung der Blutplättchenzahl, Prävention von Komplikationen oder Symptomlinderung
Die meisten Betroffenen überleben Jahrzehnte mit einer Behandlung. Ungefähr 15 Prozent der Patienten erkranken an einer Myelofibrose Myelofibrose Bei der Myelofibrose werden blutbildende Zellen von Bindegewebe im Knochenmark überwuchert, sodass sie anormal geformte rote Blutkörperchen, Anämie und eine vergrößerte Milz verursachen. Myelofibrose... Erfahren Sie mehr , und ein geringer Anteil kann an einer akuten Leukämie Überblick über Leukämien Leukämien sind Krebserkrankungen der weißen Blutkörperchen oder der Zellen, die sich zu weißen Blutkörperchen entwickeln. Weiße Blutkörperchen entwickeln sich aus den sogenannten Stammzellen... Erfahren Sie mehr erkranken.
Die Behandlung heilt die Polycythaemia vera nicht, aber sie kann sie unter Kontrolle bringen und die Wahrscheinlichkeit von Komplikationen wie die Bildung von Blutgerinnseln verringern. Das Ziel der Behandlung ist es, die Zahl der roten Blutkörperchen zu senken. Gewöhnlich wird Blut vom Körper mit einem Verfahren namens Phlebotomie oder Aderlass entfernt, ähnlich dem Verfahren beim Blutspenden Das Blutspendeverfahren Gesunde Menschen spenden eine kleine Menge ihres Blutes für Bluttransfusionen. In der Regel werden etwa 450 Milliliter, etwas weniger als ein Zehntel der Gesamtmenge an Blut im Körper, gespendet... Erfahren Sie mehr . Jeden zweiten Tag wird bis zu ein halber Liter Blut entnommen, bis der Hämatokritwert normal ist. Anschließend wird nach Bedarf Blut abgenommen, um den Hämatokritwert normal zu halten, beispielsweise alle 1 bis 3 Monate.
Aspirin kann bei der Linderung der Symptome helfen, die mit einer hohen Anzahl an Blutplättchen zusammenhängen, wie Migräne, die sich auf die Sehkraft auswirkt, brennende Schmerzen und Rötung von Händen und Füßen. Es wurde jedoch nicht bewiesen, dass Aspirin bei einer Polycythaemia vera das Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln verringert oder dass es für Patienten ohne Symptome hilfreich wäre.
Patienten, die nach einer Phlebotomie weiterhin Symptome aufweisen, brauchen eine andere Behandlung. Bei diesen Patienten können Ruxolitinib, ein Medikament, das die Aktivität von JAK2 hemmt, oder andere Medikamente, einschließlich pegyliertes Interferon-alfa-2b, Anagrelid oder Hydroxyharnstoff, zum Einsatz kommen.
Eine Knochenmarktransplantation Stammzellen aus dem Knochenmark Unter einer Stammzelltransplantation versteht man die Entnahme von Stammzellen (undifferenzierten, d. h. nicht spezialisierten Zellen) einer gesunden Person und die Verabreichung dieser Zellen... Erfahren Sie mehr ist die einzige Heilung für eine Polycythaemia vera. Allerdings wird diese selten empfohlen – eine Empfehlung wird nur ausgesprochen, wenn die Polycythaemia vera durch eine Myelofibrose Myelofibrose Bei der Myelofibrose werden blutbildende Zellen von Bindegewebe im Knochenmark überwuchert, sodass sie anormal geformte rote Blutkörperchen, Anämie und eine vergrößerte Milz verursachen. Myelofibrose... Erfahren Sie mehr und ein Knochenmarkversagen verkompliziert wird. Eine Knochenmarktransplantation wird in der Regel empfohlen, sobald Symptome einer Myelofibrose vorliegen.
Andere Medikamente können bei der Kontrolle einiger der Symptome helfen. Zum Beispiel können Antihistaminika, selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) oder die PUVA-Lichttherapie Phototherapie Schuppenflechte (Psoriasis) ist eine chronische, rezidivierende Krankheit, die einen oder mehrere Flecken (Plaques) mit silbrigen Schuppen und einer deutlichen Abgrenzung zwischen den Herden... Erfahren Sie mehr den Juckreiz lindern.
Weitere Informationen
Bei dem Folgenden handelt es sich um ein englischsprachiges Hilfsmittel, das nützlich sein kann. Bitte beachten Sie, dass MSD MANUAL nicht für den Inhalt dieser Quelle verantwortlich ist.
MPN Research Foundation: Polycythaemia vera: Unterstützt die Forschung zur Polycythaemia vera sowie die Vertretung und Aufklärung von Patienten mit myeloproliferativen Neoplasmen.