Vaginale Blutungen in der Spätschwangerschaft

VonEmily E. Bunce, MD, Wake Forest School of Medicine;
Robert P. Heine, MD, Wake Forest School of Medicine
Überprüft/überarbeitet Juli 2023
DIE AUSGABE FÜR MEDIZINISCHE FACHKREISE ANSEHEN

Während der Spätschwangerschaft (nach 20 Wochen) kommt es bei 3 bis 4 Prozent der Frauen zu Scheidenblutungen. Blutungen können ein Signal dafür sein, dass die schwanger Frau das Baby zu verlieren droht oder diese in schweren Blutungen (Hämorrhagie) übergehen können. In seltenen Fällen geht so viel Blut verloren, dass es zu einem lebensbedrohlichen Abfall des Blutdrucks kommt (was zu einem Kreislaufschock führt) oder sich kleine Blutgerinnsel im gesamten Blutkreislauf bilden (sogenannte disseminierte intravasale Koagulopathie).

Frauen mit Scheidenblutungen in der Spätschwangerschaft sollten sofort einen Arzt für eine Untersuchung aufsuchen, da die Blutung mit Komplikationen verbunden sein kann, die die Sicherheit der Frau und/oder des Fötus gefährden.

Einige Ursachen und Merkmale von Scheidenblutungen in der Spätschwangerschaft

Die häufigste Ursache von Blutungen in der Spätschwangerschaft ist:

  • Der Beginn der Wehen

In der Spätschwangerschaft scheiden einige Frauen den Schleimpfropfen (Ansammlung von Schleim im Gebärmutterhals) über die Scheide aus. Der Schleimpfropfen ist in der Regel ein klebriger kleiner Ball, oft mit Blutstreifen. Das Ausscheiden des Schleimpfropfens ist nicht der Beginn der Wehen, aber er ist oft ein Signal dafür, dass die Wehen innerhalb der nächsten Woche einsetzen werden. Gewöhnlich werden die Wehen mit einem geringen Ausfluss von Blut mit Schleim aus der Scheide eingeleitet. Dieser Ausfluss, der auch blutiger Ausfluss genannt wird, tritt auf, wenn kleine Venen bei der Öffnung (Weitung) des Gebärmutterhalses zur Beförderung des Kindes durch die Scheide angerissen werden. Die Menge des Blutes im Ausfluss ist gering.

Schwerwiegendere, aber weniger häufige Ursachen (siehe Tabelle mit einigen Ursachen und Merkmalen von Scheidenblutungen in der Spätschwangerschaft) umfassen Folgendes:

Bei einer Placenta praevia befindet sich die Plazenta am unteren und nicht am oberen Teil der Gebärmutter. Befindet sich die Plazenta am unteren Teil der Gebärmutter, kann sie teilweise oder auch ganz den Gebärmutterhals (unterer Teil der Gebärmutter) verdecken, den der Fötus passieren muss. Es können ohne Vorwarnung Blutungen auftreten oder durch eine Untersuchung des Gebärmutterhalses ausgelöst werden, bei der überprüft wird, ob sich dieser geöffnet hat oder die Wehen eingesetzt haben. Etwa 20 Prozent der Blutungen, die in der Spätschwangerschaft auftreten, sind auf eine Placenta praevia zurückzuführen. Diese tritt am häufigsten während des 3. Trimesters auf. Die Plazenta kann bereits in der Frühschwangerschaft tief liegen, normalerweise bewegt sie sich aber von selbst vor dem 3. Trimester aus dem Weg.

Vasa praevia ist eine seltene Störung, bei der Blutgefäße, die den Fötus (über die Nabelschnur) mit Blut versorgen, quer über den Gebärmutterhals wachsen und so den Geburtskanal des Kindes versperren. Wenn die Wehen einsetzen, kann es zu Rissen in den Blutgefäßen kommen und der Fötus wird mit weniger Blut versorgt. Da der Fötus relativ wenig eigenes Blut hat, kann jeder noch so geringe Blutverlust schwerwiegende Folgen haben und sogar zum Tod des Fötus führen.

Bei einer vorzeitigen Plazentaablösung löst sich die Plazenta vor der Entbindung von der Gebärmutter ab. Wodurch die vorzeitige Plazentaablösung ausgelöst wird, ist unklar. Jedoch kann sie womöglich auf die unzureichende Blutzufuhr zur Plazenta zurückgeführt werden. Gelegentlich löst sich die Plazenta nach einer Verletzung, z. B. bei einem Autounfall. Die Blutungen können stärker als angenommen sein, da sich eine große Menge des Blutes unter Umständen hinter der Plazenta befindet und somit nicht gesehen werden kann. Eine Plazentaablösung ist die am häufigsten auftretende lebensbedrohliche Ursache von Blutungen während der Spätschwangerschaft und ist für etwa 30 Prozent aller Vorfälle verantwortlich. Sie kann zu jeder Zeit auftreten. In den meisten Fällen kommt es aber im 3. Schwangerschaftsdrittel zu einer Plazentaablösung.

Während der Wehen kann es zu einer Ruptur der Gebärmutter kommen. Dies ist in der Regel immer bei Frauen der Fall, deren Gebärmutter beschädigt wurde und die vernarbtes Gewebe aufweist. Solche Schäden können während eines Kaiserschnitts oder bei einer anderen Uterusoperation (z. B. Myomenukleation zur Entfernung von Uterusmyomen) auftreten.

Auch können Blutungen aufgrund von Erkrankungen auftreten, die nicht im Zusammenhang mit einer Schwangerschaft stehen.

Risikofaktoren

Verschiedene Bedingungen (Risikofaktoren) erhöhen das Risiko von Erkrankungen, die Blutungen in der Spätschwangerschaft auslösen können.

Zu den Risikofaktoren einer Placenta praevia gehören folgende:

Zu den Risikofaktoren einer Vasa praevia gehören folgende:

Zu den Risikofaktoren einervorzeitigen Plazentaablösung gehören:

Zu den Risikofaktoren einer Ruptur der Gebärmutter gehören folgende:

  • Ein Kaiserschnitt bei einer früheren Schwangerschaft

  • Jeglicher vorheriger operativer Eingriff an der Gebärmutter

  • Alter von über 30 Jahren

  • Frühere Infektionen der Gebärmutter

  • Künstliche Weheneinleitung

  • Verletzungen, z. B. nach einem Autounfall

  • Geburt von mehr als fünf Babys

  • Zu nah aufeinanderfolgende Schwangerschaften

  • Placenta accreta (eine Plazenta, die zu tief in die Gebärmutter hinein oder durch die Gebärmutter hindurch wächst)

Beurteilung von Scheidenblutungen in der Spätschwangerschaft

Die Ärzte versuchen zunächst, mögliche schwerwiegende Ursachen für die Blutung auszuschließen (z. B. eine Plazentaablösung, Placenta praevia, Vasa praevia und eine Ruptur der Gebärmutter). Können diese schwerwiegenderen Ursachen nach der Untersuchung ausgeschlossen werden, wird gewöhnlich die häufigste Ursache diagnostiziert: der Beginn der Wehen, der durch blutigen Ausfluss angezeigt wird.

Warnsignale

Jegliche Scheidenblutungen in der Spätschwangerschaft werden als Warnsignal betrachtet, mit Ausnahme des Schleimpfropfen oder blutigen Ausflusses, bei dem nur kurz eine geringe Blutmenge ausgeschieden wird.

Besonders besorgniserregend ist es, wenn Frauen ohnmächtig werden, ihnen schwindelig ist oder sie unter Herzrasen leiden. Diese Symptome können auf einen äußerst niedrigen Blutdruck hinweisen.

Die folgenden Symptome geben ebenfalls Anlass zur Sorge:

  • Eine angespannte, druckempfindliche Gebärmutter

  • Kein Herzschlag oder eine langsame Herzfrequenz beim Fötus

  • Wehen, die wieder aufhören, und Verlust der Muskelspannung in der Gebärmutter

Wann ein Arzt zu konsultieren ist:

Eine Frau mit Scheidenblutungen in der Spätschwangerschaft sollte umgehend in ein Krankenhaus gebracht werden. Wird jedoch vermutet, dass es sich bei der Blutung um den blutigen Ausfluss handelt, sollte sie zuerst ihren Arzt anrufen. Dieser kann dann aufgrund der Blutmenge, der Dauer der Blutung und eventuellen Anzeichen für Geburtswehen feststellen, wie schnell die Frau von einem Arzt untersucht werden muss.

Was der Arzt unternimmt:

Zunächst stellen die Ärzte Fragen zu den Blutungen und anderen Symptomen sowie zur Krankengeschichte der Frau. Darauf folgt eine körperliche Untersuchung. Die Befunde in der Krankengeschichte und bei der körperlichen Untersuchung deuten häufig auf eine Ursache der Schmerzen und auf die eventuell erforderlichen Untersuchungen hin (siehe Tabelle mit einigen Ursachen und Merkmalen von Scheidenblutungen in der Spätschwangerschaft).

Der Arzt stellt Fragen zu den Blutungen:

  • Wie lange sie andauern

  • Wie stark sie sind

  • Welche Farbe das Blut besitzt

  • Ob die Frau Symptome zeigt bzw. gezeigt hat (z. B. Bauchschmerzen, Benommenheit oder Ohnmacht)

Der Frau werden folgende Fragen zu ihren Schwangerschaften gestellt: Wie oft sie schwanger war, wie viele Kinder sie geboren hat, ob sie Fehlgeburten oder Schwangerschaftsabbrüche hatte oder ob Komplikationen bei früheren Schwangerschaften aufgetreten sind. Auch wird sie gefragt, ob ihre Membranen gerissen sind (ob ihre Fruchtblase geplatzt ist). Dies zeigt gewöhnlich an, dass die Wehen beginnen bzw. begonnen haben.

Die Ärzte fragen nach Erkrankungen, die das Risiko der am häufigsten auftretenden und schwerwiegendsten Ursachen von Blutungen erhöhen, sowie nach Risikofaktoren für diese Ursachen, insbesondere nach einem Kaiserschnitt, der bei einer vorherigen Schwangerschaft durchgeführt wurde.

Bei der körperlichen Untersuchung suchen die Ärzte zunächst nach Anzeichen für einen großen Blutverlust, z. B. Herzrasen oder niedriger Blutdruck. Auch wird die Herzfrequenz des Kindes untersucht, und nach Möglichkeit wird mit einer kontinuierlichen Überwachung der Herzfrequenz des Kindes begonnen (mittels elektronischer Herzüberwachung des Fötus). Die Ärzte üben einen leichten Druck auf den Bauch der Frau aus, um herauszufinden, wie groß die Gebärmutter ist, wo eine Druckempfindlichkeit besteht und ob der Muskeltonus normal ist. Anschließend wird eine gynäkologische Untersuchung durchgeführt. Der Gebärmutterhals wird mit Hilfe eines Instruments untersucht, das die Scheidenwände auseinanderschiebt (Spekulum).

In der Regel untersucht der Arzt kurz vor der Geburt den Gebärmutterhals mit einer behandschuhten Hand (Tastuntersuchung des Gebärmutterhalses), um herauszufinden, wie weit sich dieser geöffnet hat und in welcher Lage sich der Fötus befindet (siehe Geburtswehen). Sind Blutungen in der Spätschwangerschaft aufgetreten, wird jedoch vor dieser Untersuchung eine Ultraschalluntersuchung durchgeführt, um herauszufinden, ob eine Placenta praevia oder Vasa praevia vorliegt. Wird eine Placenta praevia oder Vasa praevia festgestellt, wird die Untersuchung der Öffnung des Gebärmutterhalses nicht vorgenommen, da dadurch die Blutung verschlimmert werden könnte. Frauen, die wissen, dass sie an einer Placenta praevia oder Vasa praevia leiden, sollten den Arzt an ihre Diagnose erinnern und eine Tastuntersuchung des Gebärmutterhalses ablehnen dürfen. (Eine vorsichtige Spekulumuntersuchung kann durchgeführt werden.)

Tabelle

Tests

Die folgenden Tests werden durchgeführt:

  • Überwachung der fötalen Herzfrequenz

  • Ultraschall

  • Großes Blutbild

  • Manchmal Bluttests, um zu bestimmen, ob das Blut normal gerinnt

  • Blutgruppe und Rh-Status (positiv oder negativ)

Bei Blutungen während der Schwangerschaft beurteilt der Arzt die mütterlichen Vitalzeichen, führt eine körperliche Untersuchung durch und beurteilt den Zustand des Fötus mit einem fötalen Herzfrequenz-Monitor oder mit einer Ultraschalluntersuchung.

Eine Ultraschalluntersuchung wird auch durchgeführt, um die Ursache der Blutung zu finden. Ein Ultraschallgerät kann in die Scheide eingeführt werden (transvaginaler Ultraschall), um die Lage der Plazenta, der Nabelschnur und der Blutgefäße zu bestimmen. Auch kann die Untersuchung den Ärzten helfen, eine Placenta praevia oder Vasa praevia auszuschließen bzw. festzustellen. Eine Plazentaablösung lässt sich jedoch nicht immer mithilfe einer Ultraschalluntersuchung feststellen. Ärzte beurteilen eine Plazentaablösung und eine Ruptur der Gebärmutter anhand der Befunde der körperlichen Untersuchung, einschließlich Informationen zu Risikofaktoren.

Großes Blutbild. Die Blutgruppe und der Rh-Status werden ermittelt, sodass ein Spender mit einer kompatiblen Blutgruppe gefunden werden kann, sollte die Frau eine Bluttransfusion benötigen. Sind die Blutungen sehr stark oder besteht der Verdacht auf eine Plazentaablösung, werden Bluttests zur Feststellung einer disseminierten intravasalen Koagulopathie durchgeführt.

Behandlung von Scheidenblutungen in der Spätschwangerschaft

Wenn möglich wird die Erkrankung, die das Problem verursacht, behandelt.

Bei einer Plazentaablösung oder einer Placenta praevia wird in der Regel eine Krankenhauseinweisung empfohlen, wenn keine Entbindung erforderlich ist und die Schwangere und der Fötus gesund sind. Dort können Mutter und Kind überwacht werden und eine Behandlung kann bei Bedarf unmittelbar erfolgen. Wenn die Blutungen aufhören, kann die Frau wieder entlassen werden. Dauern die Blutungen an, werden diese stärker, oder steht die Geburt nahe bevor, wird die Entbindung eingeleitet. Bei Frauen mit Placenta praevia ist ein Kaiserschnitt erforderlich. Frauen mit einer Plazentaablösung können vaginal oder per Kaiserschnitt entbunden werden.

Wird eine Vasa praevia diagnostiziert, wird ein Termin für einen Kaiserschnitt vor Einsetzen der Wehen festgelegt, gewöhnlich zwischen der 34. und 37. Schwangerschaftswoche. Wenn bei einer Frau mit Vasa praevia jedoch Blutungen auftreten, muss der Kaiserschnitt unter Umständen so bald wie möglich durchgeführt werden.

Ist eine Ruptur im Uterus aufgetreten, wird umgehend die Entbindung des Kindes eingeleitet. Die Gebärmutter wird operativ wiederhergestellt.

Hat die Frau sehr viel Blut verloren, werden ihr intravenös Flüssigkeiten zugeführt. Reicht die Flüssigkeitstherapie nicht aus, werden ihr Bluttransfusionen gegeben.

Wichtigste Punkte

  • Der Beginn der Geburtswehen wird in der Regel durch einen kleinen Scheidenausfluss von Blut und Schleim (blutiger Ausfluss) angezeigt.

  • Die Heftigkeit der Blutung lässt nicht immer auf die Schwere der Ursache schließen.

  • Eine Ultraschalluntersuchung wird durchgeführt, damit die Ärzte schwerwiegende Erkrankungen feststellen können, die Blutungen in der Spätschwangerschaft verursachen können.

  • Eine Frau mit Blutungen in der Spätschwangerschaft kann unter Umständen ins Krankenhaus aufgenommen werden, damit sie und ihr Kind überwacht und bei Bedarf behandelt werden können.

  • Bei sehr starken Blutungen müssen der Frau gegebenenfalls intravenös Flüssigkeiten zugeführt oder Bluttransfusionen gegeben werden.