Diabetische Retinopathie

VonSonia Mehta, MD, Vitreoretinal Diseases and Surgery Service, Wills Eye Hospital, Sidney Kimmel Medical College at Thomas Jefferson University
Überprüft/überarbeitet Apr. 2022
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Manifestationen der diabetischen Retinopathie umfassen Mikroaneurysmen, intraretinale Blutungen, Exsudate, Makulaödeme, Makula-Ischämie, Neovaskularisation, Glaskörperhämorrhagie und traktive Netzhautablösung. Symptome treten meist erst in einem Spätstadium der Erkrankung auf. Die Diagnose wird durch Funduskopie gestellt; weitere Details werden durch Farb-Fundusphotographie, Fluoreszenzangiographie und optischer Kohärenztomographie festgestellt. Die Behandlung umfasst die Kontrolle des Blutzuckers und des Blutdrucks. Okulare Behandlungen umfassen retinale Laserkoagulation, intravitreale Injektion von Antivascular Endothelial Growth Factor-Medikamenten (z. B. Aflibercept, Ranibizumab, Bevacizumab), intraokulare Kortikosteroide, Vitrektomie, oder eine Kombination der zuvor genannten.

Pathophysiologie der diabetischen Retinopathie

Die diabetische Retinopathie ist eine Hauptursache für Blindheit, insbesondere bei Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter. Der Grad der Retinopathie steht in engem Zusammenhang mit

  • Dauer einer Diabetes

  • Blutzuckerwerte

  • Blutdruckhöhe

Schwangerschaft kann die Blutzuckerkontrolle beeinträchtigen und somit die Retinopathie verschlimmern.

Nichtproliferative Retinopathie

Nichtproliferative Retinopathie (auch als Hintergrund-Retinopathie bezeichnet) entwickelt sich zuerst und verursacht erhöhte Kapillarpermeabilität, Mikroaneurysmen, Blutungen, Exsudate, Makula-Ischämie und Makulaödeme (Verdickung der Retina, verursacht durch Austreten von Flüssigkeit aus den Kapillaren).

Proliferative Retinopathie

Die proliferative Retinopathie entwickelt sich nach der nichtproliferativen Retinopathie und ist schwerer; sie kann zu Glaskörperblutung und traktiver Netzhautablösung führen. Die proliferative Retinopathie ist durch eine anomale Bildung neuer Gefäße (Neovaskularisationen) charakterisiert, welche auf der inneren (Glaskörper-)Seite der Retina auftreten, die sich auf den Glaskörperraum ausweiten und Glaskörperblutungen verursachen können. Neovaskularisation geht oft mit präretinalem faserigem Bindegewebe einher, welches sich, zusammen mit dem Glaskörper, zusammenziehen kann, was zu einer traktiven Netzhautablösung führt. Eine Neovaskularisation kann auch im vorderen Augensegment auf der Iris vorkommen; neovaskuläres Membranwachstum kann im Vorderkammerwinkel am peripheren Irisrand auftreten, und dieses Wachstum führt zu einem Neovaskularisationsglaukom. Der Visusverlust bei proliferativer Retinopathie kann sehr schwer sein.

Klinisch signifikante Makulaödeme können bei nichtproliferativer oder proliferativer Retinopathie auftreten und sind die häufigste Ursache für Visusverlust infolge einer diabetischen Retinopathie.

Symptome und Anzeichen einer diabetischen Retinopathie

Nichtproliferative Retinopathie

Sicht-Symptome werden durch Makulaödeme oder Makula-Ischämie verursacht. Allerdings können Patienten selbst bei fortgeschrittener Retinopathie keinen Visusverlust haben. Die ersten Anzeichen einer nichtproliferativen Retinopathie sind

  • Kapillare Mikroaneurysmen

  • Punkt- und Fleck-Retinahämorrhagie

  • Harte Exsudate

  • Cotton-Wool-Herde (weiche Exsudate)

Harte Exsudate sind einzelne, gelbe Partikel in der Retina. Wenn sie vorhanden sind, deuten sie auf chronische Ödeme hin. Cotton-Wool-Herde sind Bereiche mit Mikroinfarkten der retinalen Nervenfaserschicht, die zur Netzhauttrübung führen; sie sind unscharf begrenzt, weiß und verdecken darunterliegende Gefäße.

Beschwerden in späteren Stadien sind

  • Makulaödeme (bei der Spaltlampenbiomikroskopie als Erhebung und Unschärfe der Netzhautschichten zu erkennen).

  • Venöse Dilatation und intraretinale mikrovaskuläre Anomalien

Proliferative Retinopathie

Zu den Symptomen können Verschwommensehen, Mouches volantes (schwarze Flecken) oder Blitze (Photopsien) im Sichtfeld sowie plötzlicher, schwerer, schmerzloser Sehverlust zählen. Diese Symptome werden in der Regel durch Glaskörperhämorrhagie oder traktive Netzhautablösung verursacht.

Proliferative Retinopathie führt, im Gegensatz zu nichtproliferativer Retinopathie, zur Neubildung von feinen präretinalen Gefäßen, die auf dem Sehnerv oder der Retinaoberfläche zu sehen sind. Makulaödeme oder retinale Blutungen können bei der Funduskopie zu erkennen sein.

Diagnose der diabetischen Retinopathie

  • Funduskopie

  • Farb-Fundusphotographie

  • Fluoreszenzangiographie

  • Optische Kohärenztomographie

Die Diagnose wird mit der Funduskopie gestellt. Farb-Fundusphotographie hilft dabei, den Schweregrad der Retinopathie zu bewerten. Mit Hilfe der Fluoreszenzangiographie kann das Ausmaß der Retinopathie bestimmt, ein Therapieplan erstellt und der Therapieerfolg kontrolliert werden. Optische Kohärenztomographie ist auch nützlich, um die Schwere des Makulaödems und das Ansprechen auf die Behandlung zu beurteilen.

Screening-Verfahren

Da die Früherkennung wichtig ist, sollten alle Patienten mit Diabetes mellitus eine jährliche Untersuchung des geweiteten Auges durchführen lassen. Schwangere Diabetespatientinnen sollten in jedem Trimester untersucht werden. Bei Visussymptomen (z. B. verschwommenes Sehen) ist eine Überweisung zum Ophthalmologen indiziert.

Behandlung der diabetischen Retinopathie

  • Kontrolle des Blutzuckerspiegels und Blutdrucks

  • Bei Makulaödemen, intraokulare Injektion von antivaskulären Gefäßwachstumsfaktor-(Anti-VEGF-)-Medikamenten, intraokulare Kortikosteroid-Implantate, fokale Laser und/oder Vitrektomie

  • Bei Hochrisiko- oder komplizierter proliferativer Retinopathie: Anti-VEGF-Medikamente, panretinale Laserphotokoagulation und manchmal Vitrektomie

Blutzucker- und Blutdruckkontrollen sind entscheidend; durch intensive Blutzuckerregulierung lässt sich das Fortschreiten der Retinopathie verlangsamen. Ein klinisch signifikantes diabetisches Makulaödem wird mittels intraokularer Injektion von Anti-VEGF-Medikamenten (z. B. Ranibizumab, Bevacizumab, Aflibercept) und/oder mit fokaler Laserkoagulation behandelt (1). Das intraokulare Dexamethasonimplantat und das intravitreale Triamcinolon können Augen mit anhaltendem Makulaödem behandeln. In einigen Ländern ist ein intraokulares Fluocinolon-Implantat für Patienten mit chronischem diabetischen Makulaödem erhältlich. Vitrektomie kann bei behandlungs-refraktärem diabetischen Makulaödem helfen.

In ausgewählten Fällen von schwerer nicht-proliferativer Retinopathie kann panretinale Laserkoagulation verwendet werden; in der Regel kann die panretinale Laserkoagulation jedoch verzögert werden, bis sich proliferative Retinopathie entwickelt.

Proliferative diabetische Retinopathie mit Hochrisiko-Eigenschaften wie Glaskörperhämorrhagie, umfangreiche präretinale Neovaskularisation oder Neovaskularisation im vorderen Segment/Neovaskularisationsglaukom sollte mit panretinaler Laserkoagulation behandelt werden. Studien haben auch die Verwendung von intravitrealen Anti-VEGF-Arzneimitteln bei der Behandlung von proliferativer diabetischer Retinopathie unterstützt (2). Diese Behandlungen reduzieren deutlich das Risiko von schwerem Sehverlust.

Vitrektomie kann zur Erhaltung und oft Wiederherstellung des verlorenen Sehvermögens von Patienten mit einer der folgenden Eigenschaften beitragen:

  • Persistente Glaskörperblutung

  • Extensive präretinale Membranbildung

  • Traktive Netzhautablösung

  • Therapie-refraktäres diabetisches Makulaödem

Literatur zur Behandlung

  1. 1. The Diabetic Retinopathy Clinical Research Network: Aflibercept, bevacizumab, or ranibizumab for diabetic macular edema. N Engl J Med372(13):1193-1203, 2015. doi:10.1056/NEJMoa1414264

  2. 2. Beaulieu WT, Bressler NM, Melia M, et al: Panretinal photocoagulation versus ranibizumab for proliferative diabetic retinopathy: Patient-centered outcomes from a randomized clinical trial. Am J Ophthalmol 170:206-213, 2016. doi: 10.1016/j.ajo.2016.08.008

Prävention der diabetischen Retinopathie

Blutzucker- und Blutdruckkontrollen sind entscheidend; durch intensive Blutzuckerregulierung lässt sich das Fortschreiten der Retinopathie verzögern.

Wichtige Punkte

  • Zu den Merkmalen der diabetischen Retinopathie gehören Mikroaneurysmen, intraretinale Blutungen, Exsudate, Cotton-Wool-Herde, Makulaödeme, Makula-Ischämie, Neovaskularisation, Glaskörperhämorrhagie und traktive Netzhautablösung.

  • Die Symptome können erst auftreten, nachdem die Schädigung bereits fortgeschritten ist.

  • Untersuchen Sie Patienten mit diabetischer Retinopathie mittels Farb-Fundusphotographie, Fluoreszenzangiographie und optischer Kohärenztomographie.

  • Überprüfen Sie alle Diabetes-Patienten jährlich mit einer ophthalmologischen Untersuchung des geweiteten Auges.

  • Behandeln Sie Patienten mit Makulaödem mit intraokularen Anti-VEGF-Medikamenten (z. B. Ranibizumab, Aflibercept, Bevacizumab), intraokularen Kortikosteroid-Implantaten, fokaler Laserkoagulation und/oder Vitrektomie.

  • Behandeln Sie Patienten mit Hochrisiko- oder komplizierter proliferativer Retinopathie mit panretinaler Laserkoagulation, Anti-VEGF-Medikamenten und/oder manchmal Vitrektomie.