Gicht

VonSarah F. Keller, MD, MA, Cleveland Clinic, Department of Rheumatic and Immunologic Diseases
Überprüft/überarbeitet Nov. 2022
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Kurzinformationen

Gicht ist eine Erkrankung, bei der sich Ablagerungen von Harnsäurekristallen aufgrund eines hohen Harnsäurespiegels im Blut (Hyperurikämie) in den Gelenken ansammeln. Diese Kristallablagerungen führen zu schmerzhaften schubartigen Entzündungen (Schüben) in den Gelenken und den umliegenden Bereichen.

  • Die Harnsäurekristalle können periodisch schwere Schmerzen in Gelenken und Gewebe sowie Entzündungen auslösen.

  • Ärzte diagnostizieren Gicht, wenn Harnsäurekristalle in der Flüssigkeit aus einem entzündeten Gelenk sichtbar sind.

  • Akute Gichtschübe werden mit Medikamenten behandelt, die die Entzündung senken und die Schmerzen lindern.

  • Die meisten Gichtkranken müssen lebenslang Medikamente einnehmen, die den Harnsäurespiegel im Blut senken.

  • Mit der Zeit nehmen die Harnsäureablagerungen ab, und die Schübe hören auf.

Männer sind häufiger von Gicht betroffen als Frauen. Gicht trifft Männer gewöhnlich im mittleren Alter und Frauen nach den Wechseljahren. In den seltenen Fällen einer Gichterkrankung vor dem 30. Lebensjahr ist der Verlauf zumeist schwerer.

Gicht wird durch hohe Konzentrationen von Harnsäure im Blut verursacht (Hyperurikämie). Die Krankheit tritt oft familiär gehäuft auf. Ein hoher Harnsäurespiegel im Blut entsteht, wenn zu wenig von den Nieren ausgeschieden wird oder der Körper zu viel Harnsäure produziert. Obwohl einige Nahrungsmittel viele Purine (chemische Verbindungen, die Harnsäure bilden, wenn sie verstoffwechselt werden) enthalten, stammt der Großteil der Harnsäure im Blut nicht aus der Nahrung.

Vor allem Patienten mit dem metabolischen Syndrom neigen zu hohen Harnsäurespiegeln im Blut. Dieses Syndrom zeichnet sich durch einen großen Taillenumfang aufgrund von überschüssigem Bauchfett, Bluthochdruck, Nichtansprechen auf Insulin (sogenannte Insulinresistenz), einen hohen Blutzuckerspiegel sowie auffällige Werte von Cholesterin und anderen Blutfetten aus.

Ursachen von Gicht

Harnsäure ist ein Nebenprodukt des Zerfalls der Nukleinsäuren (Ribonukleinsäure [RNS] und Desoxyribonukleinsäure [DNS]) in den Zellen. Harnsäure befindet sich in kleinen Mengen als Abbauprodukt der Zellnukleinsäuren im Blut, da der Körper ständig Zellen abbaut und neue bildet. Außerdem werden bestimmte Inhaltsstoffe in Lebensmitteln, sogenannte Purine, vom Körper in Harnsäure umgewandelt. Purine sind die Bausteine von RNS und DNS. Harnsäure wird hauptsächlich über die Nieren und in geringerem Maße über den Magen-Darm-Trakt aus dem Blut entfernt.

Ungewöhnlich hohe Harnsäurespiegel im Blut treten aufgrund folgender Faktoren auf:

  • Am häufigsten durch die verminderte Ausscheidung von Harnsäure über die Nieren oder den Magen-Darm-Trakt

  • Manchmal durch den Verzehr von zu viel purinhaltigen Nahrungsmitteln wie Schalentieren oder rotem Fleisch und/oder Alkohol, insbesondere Bier

  • Selten durch Bildung von zu viel Harnsäure

Am häufigsten steigt der Harnsäurespiegel im Blut an, wenn die Nieren nicht genug Harnsäure über den Urin ausscheiden können, obwohl die Nieren ansonsten normal arbeiten. Diese Ursache ist zumeist genetisch bedingt. Zu viel Harnsäure im Blut (Hyperurikämie) führt zur Bildung von Kristallen, die in den Gelenken und im Gelenkbereich eingelagert werden.

Die Fähigkeit der Nieren zur Ausscheidung von Harnsäure kann auch unter den folgenden Bedingungen verringert sein:

Durch den Verzehr zu vieler purinreicher Nahrungsmittel (z. B. Schalentiere, rotes Fleisch, Leber, Niere, Anchovis, Spargel, Fleischbrühe, Hering, Bratensoße und Fleischbrühe, Pilze, Muscheln, Sardinen und Kalbsbries) kann sich der Harnsäurespiegel im Blut erhöhen. Eine strenge purinarme Ernährung senkt jedoch den Harnsäurespiegel nur um eine geringe Menge und ist selten ausreichend für Gichtpatienten. Früher, als eine proteinarme Ernährung vorherrschte, galt Gicht als Krankheit der Reichen.

Eine purinreiche Ernährung in Verbindung mit Alkohol (besonders Bier) oder mit Getränken mit viel Fructose-Glucose-Sirup kann das Problem verschlimmern, da diese Getränke die Produktion von Harnsäure steigern und die Ausscheidung durch die Nieren beeinträchtigen.

Aus unbekannten Gründen entwickeln nicht alle Menschen mit einem ungewöhnlich hohen Blutharnsäurespiegel eine Gicht.

Risikofaktoren für Gicht

  • Bier (einschließlich alkoholfreies Bier) und Spirituosen

  • Nahrungsmittel und Getränke mit Fructose-Glucose-Sirup

  • Bestimmte purinreiche Nahrungsmittel (insbesondere Anchovis, Spargel, Fleischbrühe, Hering, Fleischsoße und Fleischbrühe, Pilze, Muscheln, alle Innereien, Sardinen und Kalbsbries, rotes Fleisch, Huhn und Schalentiere) tragen alle zu erhöhten Harnsäurespiegeln bei.

  • Geringer Konsum an Milchprodukten

  • Bestimmte Krebsarten und Bluterkrankungen (z. B. Lymphom, Leukämie und hämolytische Anämie)

  • Bestimmte Medikamente (Thiazid-Diuretika, Ciclosporin, Pyrazinamid, Ethambutol und Nikotinsäure)

  • Bei einer Bleivergiftung

  • Adipositas

  • Schuppenflechte

  • Strahlentherapie

  • Krebs-Chemotherapie

  • Chronische Nierenerkrankung

  • Bestimmte seltene Enzymstörungen

  • Hungern

Ein hoher Harnsäurespiegel im Blut führt häufig zu einem erhöhten Harnsäurespiegel in den Gelenken. Dies wiederum führt zur Bildung von Harnsäurekristallen im Gewebe und zu Flüssigkeitsansammlungen in den Gelenken, der sogenannten Synovialflüssigkeit.

Die Gicht befällt zumeist die Fußgelenke, vor allem das Grundgelenk des großen Zehs. Schwellungen, Schmerzen und Rötungen des großen Zehs aufgrund von Gicht werden als Fußgicht (Podagra) bezeichnet. Doch auch andere Bereiche wie Knöchel, Rist, Knie, Handgelenk und Ellenbogen sind häufig von der Gicht betroffen. Die Kristalle bilden sich bevorzugt in diesen Gelenken, weil Harnsäure bei niedriger Temperatur eher auskristallisiert und es dort etwas kühler ist. Gichtanfälle im wärmeren Rumpf, z. B. in Wirbelsäule, Hüften oder Schultern, sind selten.

Akute Gichtschübe (sogenannte Gichtarthritis) treten meist plötzlich und ohne Vorwarnung auf. Auslöser können folgende Dinge sein:

  • eine Verletzung

  • Eine Krankheit (z. B. Lungenentzündung [Pneumonie] oder eine andere Infektion)

  • Operation

  • Beginn einer Therapie mit bestimmten Medikamenten (z. B. Diuretika, Allopurinol, Febuxostat, Probenecid und Nitroglycerin, insbesondere intravenös verabreichtes Nitroglycerin, das Alkohol enthält), aufgrund der sich der Harnsäurespiegel im Blut plötzlich verändern kann (häufig sind diese Medikamente jedoch aus medizinischer Sicht erforderlich)

  • Verzehr großer Mengen von Alkohol oder purinreichen Nahrungsmitteln

Symptome von Gicht

Bei einem Schub sind plötzliche starke Schmerzen in einem oder mehreren Gelenken, häufig nachts, typisch. Der Schmerz beginnt langsam und wird immer stärker, oft sogar unerträglich, vor allem wenn das Gelenk bewegt oder berührt wird.

Das Gelenk entzündet sich, schwillt an und wird warm, die Haut darüber wird rot bis violett, straff und glänzend.

Weitere mögliche Symptome eines Schubs:

  • Fieber

  • Hohe Herzfrequenz (Tachykardie)

  • Allgemeines Unwohlsein

  • Schüttelfrost (sehr selten)

Die ersten wenigen Schübe betreffen gewöhnlich nur ein Gelenk und dauern wenige Tage bis eine Woche.

Die Symptome verschwinden nach und nach, die Gelenkfunktion kehrt zurück, und bis zum nächsten Schub ist der Patient symptomfrei. Schreitet die Gicht allerdings fort, treten die Schübe häufiger auf, dauern unbehandelt tendenziell länger an und betreffen mehrere Gelenke. Ohne Behandlung können die Schübe später bis zu 3 Wochen andauern.

Wenn Fieber über 38,3 °C, Schüttelfrost oder andere schwere Symptome (z. B. Schwäche, Erbrechen, Hautausschlag oder jede Form von Atemnot) auftreten, sollte der Arzt gerufen oder die Notaufnahme aufgesucht werden, da diese Symptome auch von einer Gelenkinfektion oder einem ganz anderen Problem herrühren können.

Nach mehreren Schüben entwickelt sich möglicherweise eine schwere chronische Gicht, die zu dauerhaften Gelenkverformungen führen kann.

Werden ständig Harnsäurekristalle in den Gelenken und Sehnen abgelagert, kann der so entstehende Schaden die Beweglichkeit immer weiter einschränken.

Gichtknoten (Tophi)

Harte Knoten aus Harnsäure (Gichtknoten, Tophi) lagern sich in der Gelenkinnenhaut (Synovialmembran), dem Knorpel oder im Knochen nahe den Gelenken und danach in der Haut um das Gelenk ein. Gichtknoten können sich auch in den Nieren und anderen Organen sowie unter der Haut an den Ohren bilden. Sie entwickeln sich häufig in den Fingern, Händen, Füßen, der Achillessehne hinten am Fuß oder um die Ellenbogen herum.

Gichtknoten sind in der Regel schmerzlos, können sich aber schmerzhaft entzünden.

Bleiben die Gichtknoten an den Gelenken unbehandelt, können sie aufbrechen und kalkige Harnsäurekristallmengen freisetzen, was mit der Zeit zu Verformungen und Arthrose führen kann.

Komplikationen bei Gicht

Gichtpatienten können Nierensteine entwickeln (Urolithiasis), die aus Kalzium und manchmal aus Harnsäure bestehen. Diese Steine können die Harnwege blockieren, was starke Schmerzen verursacht und ohne Behandlung Entzündungen und Nierenschäden nach sich zieht.

Bei Patienten mit einer anderen nierenschädigenden Erkrankung (zum Beispiel Diabetes oder Bluthochdruck) kann die Verschlechterung der Nierenfunktion die Ausscheidung von Harnsäure verringern und Gicht und Gelenkschäden verschlimmern.

Gicht mit Gelenkschäden erhöht das Risiko für eine Arthrose.

Koronare Herzkrankheiten und das metabolische Syndrom sind bei Gichtpatienten gehäuft anzutreffen.

Diagnose von Gicht

  • Mikroskopische Untersuchung der Gelenkflüssigkeit auf Harnsäurekristalle

  • Zuweilen Röntgen- und/oder Ultraschalluntersuchungen oder bestimmte CT-Scans

Gicht wird oft aufgrund der typischen Symptome und einer Gelenkuntersuchung diagnostiziert. Ein Vorliegen von Gicht wird aufgrund der folgenden Symptome vermutet:

  • Podagra (plötzliche Schwellung, Schmerzen und Rötung des großen Zehs)

  • Rezidivierende Entzündungen des Rists

  • Mehrere Schübe in der Krankengeschichte, die plötzlich auftraten und spontan wieder verschwanden

Viele Gichtpatienten haben einen hohen Harnsäurespiegel im Blut. Häufig kann dieser Wert aber auch normal sein, vor allem bei einem akuten Schub. Bei vielen Menschen ist der Harnsäurespiegel im Blut hoch, ohne dass sie Symptome einer Gicht haben; daher ist ein Bluttest allein zur Diagnose nicht ausreichend.

Die Diagnose steht meist fest, wenn in der Probe aus einem Gichtknoten oder der mit einer Nadel entnommenen Gelenkflüssigkeit (Gelenkaspiration) unter dem Polarisationsmikroskop Harnsäurekristalle zu erkennen sind.

Auf Röntgenaufnahmen sind möglicherweise Gelenkschäden und Gichtknoten zu erkennen. Harnsäurekristalle lassen sich auch durch Ultraschalluntersuchungen oder einen speziellen CT-Scan eines oder mehrerer betroffener Gelenke zur Kontrolle auf Harnsäureablagerungen erkennen.

Gicht kann einer Form von Arthritis ähneln und wird mitunter irrtümlich als eine solche fehldiagnostiziert.

Prognose bei Gicht

Eine frühzeitige Diagnose ermöglicht den Betroffenen bei lebenslanger Gichtbehandlung zumeist ein normales Leben. Bei einer fortgeschrittenen Erkrankung kann die Bildung von Gichtknoten durch eine deutliche Senkung des Harnsäuregehalts verringert und die Gelenkfunktion verbessert werden.

Bei Patienten, bei denen die ersten Symptome vor dem 30. Lebensjahr auftreten, verläuft die Erkrankung in der Regel schwerer. Das metabolische Syndrom und koronare Herzkrankheiten tragen wahrscheinlich zu einem verfrühten Tod von Personen mit Gicht bei.

Bei einigen Betroffenen tritt auch trotz Behandlung keine zufriedenstellende Besserung ein. Dies ist mitunter darauf zurückzuführen, dass die Medikamente nicht laut Verordnung eingenommen werden, die Medikamente zu niedrig dosiert sind oder die Patienten an der Alkoholkrankheit leiden.

Behandlung von Gicht

  • Medikamente zur Linderung von Schmerzen und zum Abklingen der Schwellungen infolge von Entzündungen

  • Ruhe, Ruhigstellung eines schmerzenden Gelenks mit einer Schiene und Eis

  • Ernährungsumstellung und Gewichtsabnahme zur Senkung des Harnsäurespiegels und zur Vorbeugung von weiteren Schüben

  • Medikamente zur Vorbeugung von Schüben, indem der durch die Kristalle verursachten Entzündung vorgebeugt wird

  • Medikamente zur Senkung des Harnsäurespiegels und Auflösung der Kristalle (wirksamste Heilung von Gicht und Heilung von Schüben, obwohl es zeitaufwendig ist, alle Ablagerungen aufzulösen)

Bei der Behandlung von Gicht werden drei Ziele verfolgt:

  • Linderung der Schmerzen bei akuten Schüben

  • Vorbeugung weiterer Schübe

  • Langfristige Kontrolle der Gicht, um Ablagerungen von Harnsäure im Gewebe zu verhindern und die überschüssigen Harnsäurespeicher des Körpers zu beseitigen, indem der Harnsäurespiegel im Blut gesenkt wird

Linderung akuter Gichtschübe

Nichtsteroidale Antirheumatika (NSAR) können die Schmerzen und Schwellungen in den Gelenken während eines Schubs oft wirksam lindern. In einigen Fällen sind zur Schmerzlinderung auch zusätzliche Schmerzmittel (als Analgetika bezeichnet) erforderlich.

Die Behandlung mit NSAR sollte auch einige Tage nach Abklingen der Schmerzen und Entzündung fortgesetzt werden, um ein erneutes Auftreten (einen sog. Rückfall) zu vermeiden. Probleme mit diesen Medikamenten resultieren aus einer Reizung des Magens, Wechselwirkungen mit Blutverdünnern und vorübergehender Abnahme der Nierenfunktion.

Colchicin ist ein gebräuchliches Erstmittel, wird aber nicht mehr so oft als Erstmaßnahme angewandt, um einen Schub zu behandeln. Gewöhnlich lassen die Schmerzen innerhalb von 12 bis 24 Stunden nach der Einnahme von Colchicin nach und sind nach 3 bis 7 Tagen völlig verschwunden. Colchicin wird in der Regel so rasch wie möglich in Form von 2 Tabletten eingenommen, nachdem die Symptome eines Schubs bemerkt werden. Eine dritte Tabelle wird 1 Stunde später eingenommen. Diese Behandlung wird am nächsten Tag fortgesetzt, wobei 7 bis 10 Tage lang ein- oder zweimal täglich 1 Tablette einzunehmen ist. Colchicin kann Durchfall verursachen und in seltenen Fällen das Blutbild verschlechtern.

Kortikosteroide wie Prednison eignen sich vor allem für Patienten, die andere Medikamente nicht vertragen, um Gelenkentzündungen (einschließlich Schwellungen) zu bekämpfen.

Wenn nur ein oder zwei Gelenke betroffen sind, kann ein Kortikosteroid wie Prednisolontebutat zusammen mit einem Betäubungsmittel in ein entzündetes Gelenk gespritzt werden.

Wie bei einer Behandlung mit NSAR und Colchicin sollten oral verabreichte Kortikosteroide noch einige Tage nach vollständigem Abklingen des Schubs eingenommen werden, um einen Rückfall zu vermeiden.

Gelegentlich wird eine Kombination dieser Medikamente verordnet.

Bei einer Unverträglichkeit gegenüber Kortikosteroiden, Colchicin oder NSAR können auch bestimmte Medikamente zur Unterdrückung des Immunsystems (Immunsuppressiva wie z. B. Anakinra) verordnet werden.

Wenn Grunderkrankungen vorliegen, beispielsweise eine chronische Nierenerkrankung oder ein peptisches Geschwür, oder wenn bestimmte Medikamente (z. B. Gerinnungshemmer) eingenommen werden, sind einige der üblichen Behandlungen für Gicht möglicherweise nicht geeignet oder müssen angepasst werden.

Zusätzlich zu Medikamenten können Ruhe, Ruhigstellung mit einer Schiene sowie Eispackungen zur Schmerzlinderung eingesetzt werden.

Vermeidung weiterer Gichtschübe

Bei wiederholten heftigen Gichtschüben kann eine vorbeugende tägliche Einnahme von Medikamenten erforderlich sein. Durch die tägliche Einnahme von Colchicin können Schübe verhindert oder zumindest verringert werden. Auch die tägliche Einnahme von NSAR kann Schüben vorbeugen. Diese Medikamente tragen dazu bei, die Bildung jener Kristalle zu verhindern, die zu Entzündungen führen, die einen Schub auslösen. Colchicin und NSAR können jedoch einige Nebenwirkungen haben und verhindern übermäßige Harnsäureablagerungen in und um die Gelenke nicht.

Obwohl fast immer Medikamente erforderlich sind, kann Folgendes helfen, weiteren Gichtschüben vorzubeugen:

  • Verzicht auf alkoholische Getränke (z. B. Bier und Spirituosen) und auf alkoholfreies Bier

  • Einschränkung des Verzehrs purinhaltiger Nahrungsmittel

  • Austausch fettarmer Milchprodukte gegen andere Nahrungsmittel

  • Gewichtsabnahme

  • Absetzen von Medikamenten, die den Harnsäurespiegel im Blut erhöhen

Die meisten Patienten mit primärer Gicht sind übergewichtig. Wenn sie abnehmen, sinkt der Harnsäurespiegel im Blut häufig, aber in der Regel reicht dies nicht aus, um die Harnsäureablagerungen aufzulösen.

Bei Gichtpatienten, die mit einem Diuretikum ihren Bluthochdruck behandeln, verringern sich möglicherweise die Schübe, wenn sie zur Kontrolle des Blutdrucks anstatt des Diuretikums Losartan oder ein ähnliches Medikament einnehmen. Aber obwohl durch eine Umstellung der Behandlung auf Losartan oder ähnliche Mittel gegen Bluthochdruck weitere Schübe vermieden werden können, hat dies keine präventive oder heilende Wirkung auf bestehende Gelenkschäden infolge von Harnsäurekristallen, da die Kristalle im betroffenen Gelenk verbleiben. Außerdem können auch diese Medikamente Nebenwirkungen hervorrufen. Vor allem können Diuretika erforderlich sein, um den Blutdruck zu kontrollieren und Schlaganfälle oder Herzinfarkte zu verhindern.

Absenkung des Harnsäurespiegels im Blut

Ein hoher Harnsäurespiegel im Blut verursacht bei Gichtpatienten Probleme und kann bei Menschen ohne Gicht zu Nierenerkrankungen führen. Eine Senkung des Harnsäurespiegels im Blut trägt zur Auflösung der Harnsäureablagerungen im Gewebe bei und beugt nach und nach künftigen Schüben vor.

Bei Vorliegen folgender Kriterien muss der Harnsäurespiegel bei Gichtpatienten dringend gesenkt werden:

  • Häufige oder schwere Schübe (mehr als 2 pro Jahr) oder anhaltender Bedarf an Colchicin, einem NSAR oder beidem zur Vorbeugung von Schüben

  • Gichtknoten, die bei der Untersuchung gefunden werden

  • Harnsäuresteine in den Nieren

  • Erkrankungen, die eine Einnahme von NSAR oder Kortikosteroiden komplizierter machen (z. B. ein peptisches Geschwür, Diabetes, Behandlung mit Blutverdünnern und eine chronische Nierenerkrankung)

Patienten, die harnsäuresenkende Medikamente nehmen, sollten ihren Harnsäurewert kennen, so wie Menschen mit Bluthochdruck ihren Blutdruckwert kennen sollten. Durch die medikamentöse Behandlung soll der Wert auf unter 6 mg pro Deziliter (0,4 mmol) gesenkt werden. Bei Einhaltung eines Wertes im Blut unter 6 mg [0,4 mmol] wird keine Harnsäure mehr in den Gelenken und im Weichteilgewebe eingelagert, und die bestehenden Ablagerungen werden mit der Zeit abgebaut, obgleich dies mehrere Jahre dauern kann. Die meisten Gichtknoten an Ohren, Händen und Füßen schrumpfen langsam, wenn der Harnsäurespiegel im Blut auf unter 6 Milligramm pro Deziliter (0,4 mmol/l) gehalten wird.

Medikamente können den Harnsäurespiegel senken, indem sie dafür sorgen, dass weniger Harnsäure produziert oder mehr über den Urin ausgeschieden wird. Je niedriger der Harnsäurespiegel, desto schneller löst sich die Ablagerungen ab. Wenn sich die Ablagerungen auflösen (mobilisieren), können Kristalle freigesetzt werden und Aktivierungsschübe verursachen. Diese Schübe sind ein Zeichen dafür, dass die Medikamente wirken und daher nicht abgesetzt werden sollten. Diese Medikamente können langfristig oder lebenslang eingenommen werden.

Am häufigsten wird zu diesem Zweck Allopurinol verordnet. Dieses Medikament hemmt die Harnsäureproduktion im Körper. Allopurinol kann jedoch Magenbeschwerden und gelegentlich einen Hautausschlag verursachen, die Zahl der weißen Blutkörperchen verringern und zu Leberschäden oder Gefäßentzündungen (Vaskulitis) führen. Allopurinol kann, wie alle harnsäuresenkenden Medikamente, bei der ersten Einnahme akute Schübe auslösen (Aktivierungsschub). Da gering dosiertes Colchicin oder ein NSAR dieses Risiko verringern kann, wird eines dieser Medikamente in der Regel für etwa sechs Monate zusätzlich zu Allopurinol (oder Febuxostat) verordnet.

Ein weiteres Medikament, das die Harnsäurewerte im Blut senkt, ist Febuxostat. Es eignet sich besonders für Patienten, die Allopurinol nicht vertragen oder bei denen es nicht geholfen hat. Wie bei Allopurinol können auch hier Schübe auftreten, während sich der Harnsäurespiegel im Blut anfänglich absenkt.

Pegloticase ist ein spezielles Medikament, das bei Patienten mit schwerer Gicht für eine massive Senkung des Harnsäurespiegels verwendet wird. Es wird alle 2 Wochen als intravenöse Infusion verabreicht und wird hauptsächlich bei Patienten eingesetzt, die seit Langem an Gicht leiden und mit anderen Therapiemethoden nicht erfolgreich therapiert werden konnten. Pegloticase darf nicht mit anderen Medikamenten zur Senkung des Harnsäurespiegels im Blut eingesetzt werden. Wenn Patienten auf Pegloticase ansprechen, können sich Ablagerungen, einschließlich Gichtknoten, rasch auflösen und in den nachfolgenden Monaten immer weniger sichtbar werden. Viele Menschen entwickeln jedoch Antikörper, die verhindern, dass dieses Medikament weiter wirkt. Ärzte können Immunsuppressiva verabreichen, um dies zu verhindern.

Bei Patienten mit gesunden Nieren können auch Urikosurika (Medikamente, die bewirken, dass vermehrt Harnsäure im Urin ausgeschieden wird) den Harnsäurespiegel im Blut senken. Probenecid ist mehr als einmal täglich einzunehmen, in der Regel zweimal täglich, und kann entweder mit Allopurinol oder mit Febuxostat kombiniert werden.

Aspirin kann die Wirkung von Probenecid blockieren, aber geringe Dosen, die das Herz schützen (81 mg täglich), sollten weiterhin eingenommen werden, da koronare Herzkrankheiten für viele Gichtpatienten ein erhebliches Risiko darstellen. Geringe Dosen Aspirin können den Harnsäurespiegel leicht erhöhen (Hyperurikämie), dies ist jedoch in der Regel kein Problem. Ebenso kann Hydrochlorothiazid den Harnsäurespiegel leicht erhöhen. Aber wenn es bei der Senkung des Blutdrucks wirksam ist, sollte es im Allgemeinen weiter eingenommen werden, während andere Medikamente zur Senkung des Harnsäurespiegels im Blut eingesetzt werden.

Das blutdrucksenkende Medikament Losartan und das Medikament zur Senkung des Triglyzeridspiegels Fenofibrat sorgen beide dafür, dass Harnsäure über den Urin ausgeschieden wird. Diese Medikamente können den Harnsäurespiegel bei Personen senken, die sie aus anderen Gründen einnehmen.

Aktivierungsschübe

Alle Behandlungen, die den Harnsäuregehalt im Blut senken, können einen akuten Schub auslösen (auch Aktivierungsschub genannt). Aktivierungsschübe können besonders häufig direkt zu Beginn einer medikamentösen Behandlung auftreten, die den Urinsäuregehalt im Blut senkt. Ein Aktivierungsschub kann ein Zeichen dafür sein, dass ein Medikament den Harnsäurespiegel effektiv senkt.

Während eines Aktivierungsschubs sollten die Patienten die harnsäuresenkenden Medikamente nicht absetzen.

Colchicin oder ein NSAR in geringen Dosen kann für einige Monate lang nach Beginn des harnsäuresenkenden Medikaments eingenommen werden, um Aktivierungsschübe vermeiden zu helfen.

Tabelle